Dies ist nicht mein Land. Eine Jüdin verläßt die Bundesrepublik

Lea Fleischmann, deren Eltern als polnische Juden die Konzentrationslager überlebt haben, erzählt ihre Erfahrungen als junge Jüdin im Nachkriegsdeutschland.

Lea wird 1947 geboren, die Familie lebt in dem Lager für „Displaced Persons“ Föhrenwald in Bayern. Die Menschen in dem DP-Lager sind Überlebende aus den Konzentrationslagern. Leas Großeltern und fast alle Angehörigen ihrer Familie sind umgebracht worden. Als 1957 das Lager geschlossen wird, zieht die Familie nach Frankfurt. Leas Kindheit ist geprägt von den Nachwirkungen des Nationalsozialismus: „In meiner frühen Kindheit bestand die Welt aus zwei Arten von Menschen. Aus Juden und Nazis.“ Ihre Kontakte mit Deutschen beschränken sich ausschließlich auf die Schule. Mitschülerinnen besuchen sie nicht und laden sie nicht ein. „Dinge, die in der Schule außerordentlich wichtig waren, hatten bei uns zu Hause keine Bedeutung.“
Nach dem Abitur studiert Lea Pädagogik und arbeitet im Jugendzentrum der Jüdischen Gemeinde. Sie heiratet und bekommt ein Kind. Lea erhält eine Stelle an einer Fachschule für Sozialpädagogik. „Ich nahm das Angebot an und trat endgültig aus dem Ghetto heraus in die nichtjüdische Gesellschaft.“ Später unterrichtet sie an einer Berufsschule. Sie soll junge Menschen zu Selbst- und Mitbestimmung befähigen, stößt aber immer wieder auf Paragraphen und Verordnungen. Sie zieht Vergleiche zwischen der Ordnungsliebe und dem Gehorsam der Deutschen und den Greueltaten während des „Dritten Reiches“. Ihr wird bewusst, dass sie nicht mehr länger in Deutschland unterrichten und leben kann: „Sollte ich jemals wieder unterrichten, dann in keiner deutschen Schule. Ich werde mir keine Verständnisfloskeln für Ausländer und Juden mehr anhören, ich will auch kein Mitleid mit den Schülern haben, ich will das deutsche Volk nichts lehren, und ich will es nicht ändern.“ Lea Fleischmann wandert 1979 nach Israel aus.

Lea Fleischmann schildert ihre Erfahrungen im Nachkriegsdeutschland und ihre Empfindungen als junge Jüdin angesichts der Verbrechen, die an ihren Großeltern, Eltern, Onkeln und Tanten verübt wurden, sehr offen und direkt. Sie beschreibt ihre Schwierigkeiten, nach 1945 im Land der Täter zu leben. Ihre Erinnerungen zeigen, dass für sie die Vergangenheit immer gegenwärtig ist. In ihrem Buch begründet sie, warum für sie ein Leben in Deutschland nicht mehr möglich war.

Links: Der SPIEGEL

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