»Jede zweite Schuld setzt eine erste voraus – hier: die Schuld der Deutschen unter Hitler. Die zweite Schuld: die Verdrängung und Verleugnung der ersten nach 1945.«
Die zweite Schuld hat die politische Kultur der Bundesrepublik bis auf den heutigen Tag wesentlich mitgeprägt. Ihr Kern ist die kalte Amnestie für jede Art von Naziverbrechern, darunter hohe Repräsentanten des NS-Vernichtungsapparats: Blutrichter und -staatsanwälte, Militärs, Diplomaten, Wirtschaftsführer – die Funktionselite des »Dritten Reichs«, die bis 1958 nahezu lückenlos wieder in die Nachkriegsgesellschaft eingegliedert war.
Ralph Giordano nennt das den »großen Frieden mit den Tätern«, für ihn ein Fundament der bundesdeutschen Staatsexistenz. Das Hauptthema Giordanos sind die Folgen der moralischen Katastrophe, die eintrat, weil das Bekenntnis zur Kollektivschuld ausblieb.
Das Buch ist eine gnadenlose Abrechnung mit zahlreichen Einzelposten einer langen politischen Mängelliste bundesdeutscher Wirklichkeit. Es wurde – mit Zorn, Trauer und Hoffnung – geschrieben, damit sich nicht wiederholt, was schon einmal in Verfolgung und Krieg mündete.
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