Said, der diese Religion nie ausgeübt hat, ist in einem islamischen Land aufgewachsen, dem Iran, in einer liberalen Familie, die ihm keine Religion aufgezwungen hat. Aber die Eindrücke des Kindes von religiösen Ritualen, der Ruf des Muezzins, der Geruch der Moscheen sind prägend. Es hätten versöhnliche Eindrücke sein können. Aber die islamistische Diktatur Chomeinis, die Said nach dem Schah ein zweites Mal aus dem Iran vertrieben hatte, zerstörte nicht nur die Hoffnungen auf eine Demokratisierung des Iran. Sondern sie läutete einen Prozess ein, in dem aus einer möglicherweise weltoffenen toleranten Religion eine aggressive, selbsternannte Befreiungsbewegung wurde, die die “Mysterien der menschlichen Seele” ignoriert und stattdessen den Terror befördert.
In seinem Essay “Warum ich kein Muslim bin” erörtert Said den Widerspruch zwischen dem Wunsch nach einer das Individuum schützenden und befreienden Spiritualität und dem Verhängnis des islamistischen Staatsterrors. Ein beeindruckendes Gespräch mit dem überzeugten Katholiken Hans Maier kreist ebenfalls um geschichtliche und politische Aspekte des Konfliktes zwischen der Religion als Institution und der Suche des einzelnen nach Gott.
Aufzeichnungen im Anschluss an “Der lange Arm der Mullahs”, die Erzählung “Mina”, Impressionen aus Kairo und ein Brief an den Dichter Adonis runden dieses Buch ab. Es spricht jeden an, der sich für die selbst-verursachte Problematik des heutigen Islam interessiert, für das Leben derer, die in ihrem Alltag damit zurechtkommen müssen und für eine Religiosität ohne Gewalt und Zwang. Und es zeigt den Dichter und Schriftsteller Said als einen klugen, poetischen und wachen Beobachter in und zwischen den Kulturen.
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